Referenzpunktrahmen dienen in der optischen 3D Messtechnik der sicheren, robusten Vermessung von Bauteilen kleiner Serien, ohne dass aufwändig Referenzpunkte auf den Bauteilen selbst aufgebracht werden müssen, sowie der Messung von Bauteilen, die wesentlich größer als der Messbereich (das Messvolumen) sind.
Referenzpunktrahmen können in Größe und Form beliebig sein. Das Verhältnis von Rahmenprofil und Länge einer Strebe sollte jedoch so sein, dass ausreichende Stabilität und gute Sichtbarkeit gewährleistet sind. Ihre Struktur besteht aus biegungs- und verwindungsfestem Leichtmetall.
Abb 01 Rohbau eines Referenzpunktrahmens
In unserem Beispiel links handelt es sich um einen 3D-Referenzpunktrahmen von 80 x 100 x 120 mm Größe mit einem quadratischen Profil von 8 mm. Er wurde durch ein Bearbeitungszentrum ‚aus dem Vollen‘ gefräst
Abb 02 Eloxierter Rahmen mit Bauteil und Befestigungszubehör
Zum Befestigen der Bauteile werden M3 Gewindestäbe (VA), sowie weitere geeignete Elemente wie Muttern, Scheiben, Klemmen etc. verwendet.
Der Referenzpunktrahmen hat in Abständen von 20 mm versetzte Durchgangslöcher Ø3 mm für diese Stangen.
Der schwarz eloxierte und mit Referenzpunkten versehene Referenzpunktrahmen wird mit Federklemmen auf dem Dreh-/Schwenktisch Teller des optischen 3D Messsystems gespannt. Seine Position auf dem Teller sollte durch Stifte gesichert werden.
Mittels photogrammetrischen Einmessens wird der Referenzpunktrahmen kalibriert. Vorher werden Referenzpunkte – je nach Messvolumen und üblicher Bauteilgröße - in geeigneter Größe und in ausreichender Anzahl auf allen Flächen des Referenzpunktrahmens aufgebracht.
Abb 03 Photogrammetrischer Projektaufbau (Innenblech Fahrzeug-Heckklappe)
Beim photogrammetrischen Einmessen werden um das Objekt, zusätzlich zu den bereits vorhandenen uncodierten Referenzpunkten – codierte Referenzpunkte in Form von einzelnen Marken oder Kreuzen, sowie Maßstäbe platziert.
Auf diese Weise können die photogrammetrischen Bilder, die der Messtechniker um das Objekt herum aufnimmt, einander zugeordnet werden. Die Maßstäbe skalieren die aufgenommenen Abstände hochgenau.
Im Fall unseres Referenzpunktrahmens werden von der Oberseite des Rahmens, sowie von der Unterseite zwei Messreihen photogrammetrisch erstellt, deren Ergebnis je eine Referenzpunktdatei im refxml-Format ist. In diesem Zustand sind beide Referenzpunktdateien (Punktwolken) noch voneinander unabhängig.
In einem neuen ATOS Projekt lädt man die beiden Dateien. Jede erhält beim Laden eine eigene Messreihe. In der 3D Ansicht erkennt man, dass viele der Punkte ‚doppelt‘ vorhanden sind. ‚Scan1‘ besitzt 386, ‚Scan2‘ 383 Punkte.
Abb 04 Zwei Referenzpunktdateien in GOM ATOS
Im Arbeitsbereich ‚Digitalisieren‘ klicken wir auf das dritte Icon von links in der oberen Werkzeugleiste ‚Transformation über gemeinsame Ref.-punkte‘.
Abb 05 Transformation über gemeinsame Referenzpunkte
Augenblicklich wird eine der beiden Messreihen unsichtbar, diese ist im Folgenden die ‚Referenz-Messreihe‘.
Auf der sichtbar verbleibenden Messreihe (hier: Scan2) klicken wir kombiniert mit STRG auf diejenigen grünen Punkte, die wir ebenso in der anderen (unsichtbaren) Punktwolke vermuten.
Etwa 5-6 Punkte reichen, um fortzufahren. Die geklickten Punkte wechseln die Farbe in Gelb.
Abb 06 Ausgewählte Referenzpunkte und Abweichungsfehler
Die kleine Transformationsabweichung hier von nur 0,002 mm deutet auf eine eher gute photogrammetrische Vorarbeit hin.
Um alle weiteren gemeinsamen Punkte für dieses Transformationsprojekt einzusammeln, klicken wir auf das Icon ‚Alle gemeinsamen Referenzpunkte automatisch identifizieren‘.
Abb 07 Automatische Identifizierung von gemeinsamen Referenzpunkten
Automatisch wurden hier 277 Punkte (Gelb) identifiziert. Durch klick auf OK bestätigen wir diese Transformation bei einem Restfehler (Abweichung) von nur 0,003 mm.
Beide Messreihen sind nun wieder sichtbar.
Abb 08 Alle Punkte der Messreihen selektieren
Als nächsten Schritt selektieren wir aus der ersten Messreihe alle Punkte, indem wir mit der rechten Maustaste ‚alle Punkte des Elementes selektieren‘. Sie wechseln die Farbe in Rot.
In den Eigenschaften sehen wir 360 selektierte von insgesamt 386 Punkten.
Wir verfahren ebenso mit der zweiten Punktwolke.
Abb 09 Punktewolken miteinander 'verschmelzen'
Aus dem Menü ‚Konstruieren/Punktewolke/diskrete Punktewolke aus Selektion‘ erzeugen wir eine gemeinsame ‚verschmolzene‘ Punktwolke. Wir vergeben einen Namen und klicken OK.
Die gemeinsame ‚verschmolzene‘ Punktwolke erscheint im Elemente Explorer unter der Elementgruppe ‚Punktewolken diskret‘. Sie habe sich durch die Verschmelzung von 769 auf 440 Punkte in der Anzahl reduziert.
Abb 10 Referenzpunkte exportieren
Mittels des Befehls ‚Datei/Exportieren/Geometrie/Referenzpunkte (XML)‘ können schließlich diese Referenzpunkte als refxml-Datei (Kalibrierdatei) exportiert werden.
Mit Eingabe des richtigen Ausdehnungskoeffizienten und der Kalibriertemperatur während der Photogrammetrie kann der neue Referenzpunktrahmen mit seiner Kalibrierdatei auch bei verschiedenen Arbeitstemperaturen verwendet werden.